Stück aus Holz
TEXT ALS WALD
Nach dem Sturm, kommt die Hitze, dann der Borkenkäfer. Die vier Förster:innen der Stückholzenrodener Revierförsterei sind gerade mit dem Aufräumen fertig, da müssen sie schon wieder mit dem Aufräumen anfangen. Sämtliches Käferholz soll aus dem Wald. Sie roden und roden. Bei Tag und wegen der Hitze auch bei Nacht. Sie schlagen sich tapfer durch ihre abgehackten Sätze, es soll ein aufgeräumter, übersichtlicher, leicht begehbarer Text entstehen. Verstärkung wird angefordert. Eine neue Straße zur Abfuhr der Stämme gebaut. Als die Forstenforst Landesland ihre Strategie nach drei Jahren ändert, ist im Kampf gegen den Käfer bereits eine gigantische Freifläche entstanden. Was tun? Oder besser nichts mehr tun? Nach dem alten Motto:
Am schönsten hat ́s die Forstpartie
Denn der Wald, der wächst auch ohne sie
Kalamitätsflächen entstehen auch im Text. Es herrscht Ratlosigkeit, Förster Javor verirrt sich in einem langen Satz, aus dem er nicht mehr herauskommt. STOPP! Die neue Strategie heißt "Diversität". Försterin Sylvia, auch zuvor zu allen unangenehmen Tätigkeiten wie z.B. Fortbildungen gezwungen, wird gegen ihren Willen zur Försterin für Umweltschutz ernannt. Überraschenderweise zieht sie dann eine Förderung zur Unterlassung forstwirtschaftlicher Maßnahmen an Land. Man applaudiert. Doch Nichtstun ist gar nicht so einfach. Oder wie Ex-Revierleiter Wolfgang nicht versteht:
Für mich macht die Natur allein keinen Sinn
Für mich muss sie als Mensch
Dem Menschen
Podcasterin Noa hätte sich die Arbeit in einer Revierförsterei auch anders vorgestellt. Für ihren Podcast gelingt es ihr sensationellerweise Kontakt mit einem Borkenkäfer aufzunehmen.
Auf dem Foto oben: Daniel Friedl als Förster Jörg. Foto: @Sylwester Pawliczek
URAUFFÜHRUNG
Staatstheater Kassel, 20.09.2025
Regie: Marie Bues
Bühne und Kostüme: Indra Nauck
Musik und Sounddesign: Lila-Zoé Krauß
Choreographie/Bewegungsarbeit: Mason Manning
Dramaturgie: Ulf Frötzschner
Podcasterin Noa: Emma Bahlmann
Revierleiter Wolfgang: Günther Harder
Försterin Syliva: Christina Weiser
Förster Javor: Aljoscha Langel
Förster Jörg: Daniel Friedl
PRESSESTIMMEN
"Stück aus Holz" (...) spielt im Förstermilieu zwischen deutscher Waldsehnsucht und Bürokratie-Irrsinn. (... )
Felicia Zeller hat eine fast dadaistische Textlandschaft geschrieben, die Marie Bues präzise und ausgetüftelt inszeniert. Ein Highlight des Abends ist die detailreiche Bewegungschoreographie von Mason Manning. Er hat mit den Schauspieler:innen tänzerische Sequenzen erarbeitet, die bestens zum elliptischen Text passen."
(Hessische/Niedersächsische Allgemeine HNA)
"Die Dramatik, wie es um unseren Wald steht und dass Förster:innen und Forstämter selber nicht wissen, wie sie sich verhalten und welche Maßnahmen sie treffen sollen, wird hier sehr deutlich zum Vorschein gebracht. (...) Der Text, aus teilweise stotternden Wiederholungen und Halbsätzen wurde so gekonnt vorgetragen, dass eine Zuspitzung des Inhaltes dadurch sehr forciert wurde."
(Brief einer Theaterbesucher:in)
"(...) die Leistung, fast zwei Stunden diese kreisende, zerhackte, irgendwie an einen durch den Papierschredder gejagten Thomas Bernhard erinnernde Sprache so flüssig auf die Bühne zu bringen, verdient große Anerkennung."
(nachtkritik)